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Fibroseforschung bei Herzerkrankungen

Dr. med. Peter Rainer erklärt den Einfluss von entzündlichen Vorgängen im Herzen und deren Einfluss auf Fibroseerkrankungen im Herzen.



Womit beschäftigst du dich in deiner Forschung?

Wir interessieren uns besonders für die Umbauvorgänge im Herzen nach einem Herzinfarkt, insbesondere was im Bindegewebe passiert. Die Ausbildung von Vernarbung und Fibrose und auch Entzündung und wie sich diese beiden Prozesse gegenseitig beeinflussen.

Was passiert bei einer Fibrose im Herzen?

Die Fibrose ist eigentlich Vorgang, der in allen Organen nach Stress oder Verletzungen auftreten kann. Man sieht dies sehr gut, beispielsweise auf der Haut, wenn man eine Wunde hat, diese vernarbt, es bildet sich eine harte, wenig flexible bindegewebige Narbe. Das gleich passiert auch im Herzen nach einem Herzinfarkt, wenn durch eine Unterbrechung der Blutversorgung des Herzens die Herzmuskelzellen absterben, dann wird dieses Muskelgewebe durch Bindegewebe ersetzt. Durch eine Narbe, diese Narbe ist steif und kann deshalb nicht zur Pumpkraft des Herzens beitragen. Aber auch bei anderen Herzerkrankungen, wie z.B. bei Bluthochdruck oder Herzklappenerkrankungen kann es zu einer Ausbildung von Bindegewebsvermehrung und Fibrose zwischen den Herzmuskelzellen kommen. Dadurch wird der Herzmuskel sehr steif und dicker und kann sich nicht mehr gut mit Blut füllen, daher kommt es zu einer Beeinträchtigung der Herzleistung. Es ist bis dato so, dass es keine direkten Therapien gibt, die diese Bindegewebevermehrung/ Fibrose positiv beeinflussen können. Dies heißt, wenn dies einmal passiert ist, ist es nicht mehr reversibel (umkehrbar). Auch wenn man die auslösende Ursache beseitigt, kann der Schaden oft nicht mehr gut gemacht werden. Ähnlich wie beim Nervengewebe bei einem Schlaganfall im Gehirn, wo einfach der Verlust von Nervenzellen nicht mehr gut gemacht werden kann. Dies ist beim Herz identisch. Deshalb haben wir ein großes Interesse herauszufinden, welche Vorgänge, welche Zelltypen, welche molekularen Vorgänge zur Ausbildung der Fibrose beitragen. In der gegenständlichen Arbeit hat uns hauptsächlich interessiert, wie Zellen, die von extern im Rahmen der Entzündungsreaktion in das Herz einwandern, nach einem Herzinfarkt Fibrose beeinflussen.

Welche Methoden wurden verwendet und was waren die Ergebnisse?

Wir haben präklinische Modelle für den Herzinfarkt verwendet und haben dann die Menge an ECM1 Protein im Herzmuskel bestimmt. Dabei haben wir gesehen, dass die in hohen Bedingungen vor dem Herzinfarkt sehr niedrig exprimiert ist und nach dem Herzinfarkt rasch sehr hohe Werte annimmt. Dies korreliert zeitlich sehr gut mit der Einwanderung von Entzündungszellen in den Herzmuskel.

Wir haben dann weiter geschaut, welche Entzündungszellen sind es in erster Linie, wir haben gesehen, dass dies Zellen sind, der angeborenen, der sehr raschen und unspezifischen Immunantwort sind, die normalerweise im Knochenmark und in der Blutbahn vorhanden sind und wenn irgendwo im Körper eine Verletzung oder Krankheit auftritt, werden diese in den Entzündungsherd gerufen. Wir haben dann weiter versucht, die molekularen Signalwege, die dem zugrunde liegen, aufzuklären. Dabei habe erkannt, dass ein bestimmter Signalweg, der MAP-Kinase-Weg, welcher für den Gewebeumbau im Herzmuskel wichtig ist, reguliert ist.

Wie kann man die Ergebnisse kurz zusammenfassen?

Zusammenfassend kann man sagen, dass wir zeigen konnten, dass ein vorher im Herzmuskel unbeschriebenes Protein ECM1 nach Herzinfarkt sehr stark hochreguliert wird und dies dazu führt, dass die herzeigenen Bindegewebezellen Kollagen und somit eine Narbe produzieren. Das Protein ist somit ein neues Molekül, das an der Schnittstelle zwischen Entzündung und Bindegewebsvermehrung gelegen ist.

Welche Relevanz hat diese Studie für Patienten*innen?

Die Relevanz für die Patienen*innen liegt darin begründet, dass man bis jetzt keinerlei Möglichkeit hat, Fibrose gezielt zu beeinflussen und das, wenn Fibrose vorhanden ist, irreversibel ist. Wir haben in letzten Jahren gesehen, auch bei der Arteriosklerose (der Gefäßverkalkung), dass es möglich ist, durch die Beeinflussung von Entzündungsreaktion den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Das Ganze wurde von seid 40 bis 50 Jahren untersucht, aber erst in den letzten Jahren ist hier gelungen, einen Durchbruch zu schaffen und zu zeigen, dass es prinzipiell möglich ist, über eine Beeinflussung der Entzündung diese Vorgänge positiv zu beeinflussen.

Wir glauben aufgrund unserer Daten, dass deshalb auch eine Beeinflussung der Fibrose über entzündliche Vorgänge möglich sein sollte. Das wenn wir diese Zellen und Signalwege, die in den Entzündungszellen vorhanden sind und mit dem Bindegewebe kommunizieren, dass dies ein attraktive Target darstellen könnte, um neuartige Therapien entwickeln zu können.

Ich bedanke mich sehr für Ihre Aufmerksamkeit und bin sehr froh, dass ich Ihnen dies kurz näherbringen konnte und hoffe, es war verständlich. Es ist ganz wichtig, dass die Wissenschaft nicht in einem Elfenbeinturm basiert, sondern dass wir unsere Ergebnisse und warum wir das tun und wie dies die Gesellschaft und das einzelne Individuum positiv beeinflussen kann, auch so kommunizieren, dass es verständlich ist. Deshalb möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bedanken, weil dies nicht nur in eine Richtung in die andere geht, sondern für uns ist auch wichtig, dass dies Leute auch interessiert und Leute sich von der Nützlichkeit der Wissenschaft überzeugt sind und uns dahingegen unterstützen. Danke!